Thomas Henning
Schanze 1980
Buch
»Hennings Bilder sind nicht nur deshalb so interessant, weil sie einen
Stadtteil wieder auferstehen lassen, der sich seit den Achtzigern extrem
gewandelt hat. Sondern weil Henning, der seit dreißig Jahren dort lebt,
sich darin bewegt wie ein Fisch im Wasser, jede Ecke, jede Kaschemme
und jeden Hinterhof kennt und die Kleinbildkamera bis zum heutigen Tag
fast immer mit sich herumträgt. Henning erkennt in einer graubraunen
Hinterhoffassade das Fotomotiv, weil er eben auch die darauf wie ein
Spalierbaum quer verlegte Regenrinne sieht. Er hat ein ausgeprägtes
Gefühl für Sinnbilder von Vergänglichkeit, gepaart mit Witz, und er kann
nicht nur mit Licht und Schatten spielen, sondern dieses Spiel mit
Bedeutung aufladen. Sein Faible für alte Reklame, für verwitterte
Schriftzüge auf den Hausfassaden ist offenkundig – die Fleischer,
Blumenfrauen, Reifenhöker und Herrenausstatter haben längst die Schotten
dichtgemacht, doch dass es sie mal gegeben hat, das steht noch immer
auf den Fassaden der Achtziger, bevor die Schanze zum Sanierungsgebiet
wurde und Hochdruckreiniger und Farbwalzen die Spuren getilgt haben.«
Katja Engler