Lucrecia Dalt
Anticlines
LP
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Felix Kubin empfiehlt: Lucrecia Dalt - "Anticlines"
File under: Organlose Freiheit, Timbre-Trip, Abstract Spoken Word
Lucrecia Dalt hat es auf dieser Platte zur Meisterschaft gebracht, kompositorisch wie produktionstechnisch. Der experimentelle Pop ihrer vergangenen Alben durchbricht mit "Anticlines" die Tür zur 5. Dimension und begründet dabei ein neues Genre, das man in seiner Verdichtung flüchtiger Aufenthalte "Ektoplasmatische Musik" nennen könnte.
Insektenartig balancieren die Klänge zwischen Science-Fiction, chemischem Versuchslabor und kybernetischer Erotik, stets einnehmend und kühl zugleich. Die metallische Rhythmik erinnert bisweilen an die Stahlkammer-Ästhetik des Weltenbauers Asmus Tietchens. Dazu spricht, raunt und flüstert Lucrecia mit suggestiver Stimme über das erweiterte Ich (eine Ansammlung von Zellen und Bakterien, die uns zahlenmäßig überlegen sind), verliebt sich in einzelne Körperteile und besingt geografische Erhebungen. Philosophierend klettert sie vom linken Ohr ins rechte, und weiter in die verworrenen Gänge der Großhirnrinde, aus denen sie immer wieder als gasförmige Gestalt zurückkehrt, sehnsüchtig wandelnd zwischen den Grenzflächen.
Wer vor digitalem Laborduft und Voodoo-Vocodern nicht zurückschreckt, der sollte sich diese Platte sofort kaufen. Tipp: Mit Kopfhörer hören.